Berufsfelderkundungen sollen uns Schülerinnen und Schüler im Rahmen eines jeweils eintägigen Praktikums bei der späteren Berufswahl unterstützen und unseren Horizont durch praktische Berufserfahrungen erweitern. Das Projekt des Landes NRW „Kein Abschluss ohne Anschluss“ (KAoA) hilft gezielt bei der Berufsfindung und soll zu einer gut überlegten Wahl für einen Beruf bzw. ein Studium führen. Die Berufsfelderkundungen finden in den Klassen 8 und 9 mit insgesamt drei Praktika statt, eines davon in Klasse 8 und zwei in Klasse 9. Praktische Erfahrungen sind immens wichtig für die richtige Berufswahl in der Zukunft, um eine fundierte und durchdachte Entscheidung treffen zu können.

Man kann theoretisch in jedes Berufsfeld ,hineinschnuppern‘. Die Suche einer Praktikumsstelle ist jedoch für die meisten Schülerinnen und Schüler derzeit sehr schwierig, da viele Unternehmen keine Plätze für bloß einen Tag vergeben, der Betreuungs- und Organisationsaufwand zu hoch ist und der Umgang mit der Corona-Pandemie eine große zusätzliche Hürde darstellt. Wer das Glück hat, das Tagespraktikum bei einem Bekannten oder einem Familienmitglied verbringen zu können, hat es bei der Suche deutlich leichter.

Mein erstes Praktikum in der Apotheke

Wegen der Corona-Pandemie konnte ich mein erstes Praktikum leider nicht bereits in der achten Klasse absolvieren, sondern hatte diese Möglichkeit erst in der neunten Klasse. Meinen ersten Praktikumstag habe ich in einer Apotheke verbracht: Es war sehr spannend, weil ich auch einmal hinter die Kulissen schauen konnte und gesehen habe, dass im Hintergrund viel mehr passiert, als das, was man sonst als Kunde üblicherweise wahrnimmt. Ich durfte mir das Labor ansehen – welches (in kleinerer Version) sehr unseren Chemieräumen ähnelt – und Salben anmixen. Außerdem war es toll, mithelfen zu können. So habe ich etwa Impfpässe am Computer digitalisiert und entsprechende QR-Codes ausdrucken dürfen. Ich fand den Tag in der Apotheke wirklich schön, obwohl ich zugeben muss, dass ich mir nicht vorstellen kann, das als Beruf auszuüben, da ich es nicht mag, zu unfreundlichen Menschen immer höflich sein zu müssen. Ich habe diesbezüglich sehr viel Input von den Mitarbeitern bekommen.

Ein Tag beim WDR Köln

Ausblick aus dem WDR Funkhaus

Meinen zweiten Praktikumstag habe ich beim WDR-Archiv in Köln verbringen dürfen. Ich bin mit dem Zug angereist und musste dann erst einmal den richtigen Weg finden. Eigentlich ist der Weg sehr einfach: Vom Hauptbahnhof über die Domplatte, am Römisch-Germanischen Museum vorbei und schon sieht man das WDR Funkhaus am Wallrafplatz. Als ich an der Eingangstür war, die erst durch einen Pförtner nach Betätigung der Klingel geöffnet werden musste, kam ich in eine Sicherheitsschleuse. Nach dem Anschlag auf Charlie Hebdo – dem französischen Satiremagazin bei dessen Erstürmung durch Islamisten elf Personen, die sich in den Redaktionsräumen befanden, und ein Polizist auf der späteren Flucht kaltblütig erschossen wurden – wurden die Sicherheitsvorkehrungen nämlich massiv verstärkt.

Ich ging hinein und musste meine Ansprechperson, Uhrzeit des Termines und mein Anliegen nennen. Danach sollte ich in der Lobby auf meinen Betreuer warten. Nach ein paar Minuten kam er und wir gingen gemeinsam zu seinem Büro. Der WDR-Gebäudekomplex ist wirklich riesig und, wenn man ohne Begleiter da wäre, verliefe man sich sehr leicht in den schier unendlichen Gängen, die alle gleich aussehen. Ich war dem WDR-Archiv zugeteilt und mir wurde alles sehr ausführlich erklärt, was das Archiv genau macht und dass mein Betreuer für die Bereitstellung von Medien, v.a. von Musik, für die Redaktionen da ist. Überall lagen CDs und Tonträger herum und am Computer wurde mir sehr genau gezeigt, wie vielseitig dieser Beruf ist, aber auch, dass der WDR fast alles an Berufsfeldern anbietet – vom Toningenieur bis zum Redakteur ist alles dabei. Die Musikrecherche und -dokumentation ist jedoch nur eine Abteilung des riesigen WDR-Archivs. Das Produktionsarchiv hat ebenso die Aufgabe, Fernsehproduktionen und einen großen Anteil des Hörfunkprogramms zu archivieren und agiert als Lieferant für Autoren und Redakteuren von der Fernsehen- und Hörfunkproduktion.

Im Anschluss wurde mir ein altes Tonbandgerät gezeigt, welches zur Überprüfung von Inhalten älterer Bänder benutzt wird. Im Video links könnt ihr sehen, wie das genau funktioniert.

Dann habe ich eine Führung durch alle Abteilungen des WDR (1live, WDR2, WDR3, WDR4, WDR5, das WDR-Fernsehstudio, die Sendezentrale, die Lokalzeit Köln, die Sportredaktion, das Archiv, das WDR-Orchester und die Hörfunk-Abteilung) bekommen und echt viele Schritte gemacht, wobei ich erneut realisiert habe, wie groß der WDR ist und wie viele Abteilungen und Schritte es für das Resultat braucht, das wir jeden Tag konsumieren.

Ein Highlight für mich war es – neben den verschiedenen Abteilungen -, die Gestaltung der einzelnen Gebäude kennenzulernen. Ein Paternoster transportiert einen durch das gesamte WDR-Funkhaus und es ist immer wieder ein tolles Erlebnis mit einem derart alten Fahrstuhl zu fahren, da man so eine kleine Zeitreise durchlebt. Außerdem finde ich das Glasfenster im Treppenhaus, das von Georg Meistermann gefertigt wurde, sehr schön!

Das Archiv ist ein wirklich großer Gebäudekomplex und so aufgebaut, wie man sich ein typisches Archiv vorstellt: Es gibt Archivregale, die man durch eine Kurbel auseinander schieben bzw. schließen kann, Regalreihen, in denen sich hundertausende CDs aneinander reihen und Karteikartensysteme, die man früher zur analogen Suche nach einem Medium benutzt hat. Übrigens leitet sich das deutsche Wort “(E-Mail-)Reiter“ von den Reitern in den analogen Karteikartensystemen von Archiven ab.

Ich war im Musik-Archiv, dessen Bestand ihr im Bild sehen könnt. Die meisten Tonträger dort sind CDs. Jedoch ist dies ein Archiv und der WDR ist auch nicht im letzten Jahrhundert stehen geblieben, weshalb das meiste bereits digitalisiert und auf einer Datenbank gespeichert wurde.

Die erste CD des WDR

Die CD (Compact Disc) als öffentliches Tonmedium wurde 1981 eingeführt und mit 74 Minuten Audiomaterial entwickelt, so dass Beethovens 9. Sinfonie gerade darauf passt. Die erste CD des gesamten WDR im Archiv ist die 1981 erschienene „Arien“ des berühmten italienischen Opernsängers Luciano Pavarotti und hat somit die Archivnummer 5000 001.

In der Sendezentrale wird das aktuelle TV-Programm des WDR-Fernsehsenders ausgestrahlt. Dann gibt es noch unzählige Büroräume, die in der Unendlichkeit der Gänge und Räume untertauchen und im Kellergewölbe sammeln sich Synchronstudios, das Studio von Sendungen wie “Hart aber fair“ oder “Hier und heute“ sowie Garderoben und Nebenräume für die Darsteller.

In der Hörfunkabteilung habe ich einen umfangreichen Einblick durch die Toningenieure persönlich bekommen, wobei mir das Tonstudio sowie einzelne Schallplatten und Tonbänder gezeigt worden sind, die um die 100 Jahre alt und daher sehr zerbrechlich sind. Zudem wurde mir das Equipment der Toningenieure und dessen richtige Verwendung, Wartung und Aufbewahrung von Schallplatten/Vinyl-Platten und Tonbändern erläutert. Aufgrund der wachsenden Popularität von Schallplatten – auch bei der Jugend – wurden sogar alte Tonbänder von der weltberühmten Sängerin Ella Fitzgerald sowie anderen bekannten Musikern nicht auf CD oder MP3-Format digitalisiert, sondern auf Schallplatten gepresst. Diese werden von der Tochterfirma „WDR Mediagroup“ vertrieben, verkauft und erfreuen sich einer großen Beliebtheit.

Schallplattenreiniger

Zur Reinigung und Restaurierung von beschädigten und in Mitleidenschaft gezogenen Schallplatten gibt es extra einen Schallplattenreiniger. Dafür wird eine Mischung aus destilliertem Wasser in die Maschine (Bild rechts) gegeben und mittels einer weichen Bürste und der Rotation der Platte schonend gereinigt. Das Gemisch wird durch einen Abzieher abgetragen. Dadurch wird der Tonträger grundgereinigt und kann weiter restauriert werden, wobei es endlose Verfahren gibt, um die Tonqualität zu verbessern – nahezu zu perfektionieren – und störende (Knack-/Rausch-)Geräusche zu entfernen.

Im Klaus-von-Bismarck-Saal – benannt nach dem Intendanten des WDR von 1961-1976 – finden Theater-, Orchesteraufführungen oder anderweitige Veranstaltungen statt. In der sich dort befindlichen Orgel sind als Pointe genau so viele Pfeifen verbaut wie der WDR Mitarbeiter beschäftigt, nämlich (um die) 4.000.

Das war im Groben mein Tag beim WDR, der mir sehr gefallen hat. Ich habe sehr viel auf dem Gebiet des Archivwesens und über den WDR im Allgemeinen gelernt und ich werde auch in Zukunft darauf achten, den WDR als möglichen Arbeitgeber im Auge zu behalten.

Boys Day bei der Universität Duisburg-Essen

Am Boys Day – zu deutsch “Jungen-Zukunftstag“ – kann man für einen Tag in von Frauen dominierte Berufsfelder blicken. Ich habe mich für eine Online-Veranstaltung zum Studienzweig der Geisteswissenschaften an der Universität Duisburg-Essen eingetragen, da ich mich für ein Studium der Geschichte, Archäologie oder der Theologie interessiere. Es war wirklich sehr informativ und ich konnte sehr viele Fragen stellen. Der Leiter hat die Vorstellung der Fakultät für Geisteswissenschaften ziemlich entspannt und locker gestaltet, was das Zuhören sehr angenehm machte.

Fazit

Ich konnte durch die Berufsfelderkundungen sehr viele praktische Erfahrungen sammeln und in drei verschieden Berufsfelder Einblick nehmen. Leider bin ich hinsichtlich meiner Berufswahl nur teilweise vorangekommen, da ich mir immer noch nicht sicher bin, ob ich bestimmte Tätigkeiten mein ganzes Leben ausüben möchte – schließlich kann man sich nur für einen Beruf entscheiden.
Trotz der Problematik bei der Suche nach Praktikumsplätzen und der Kürze eines Praktikumstages, finde ich die Eintagespraktika richtig und wichtig und bedanke mich bei allen Beteiligten für diese Möglichkeit, meine praktische Berufserfahrung ausbauen zu können!