„In the long run we are all dead” ist ein legendärer Satz des englischen Ökonomen und Mathematiker John Maynard Keynes, welcher diesen Satz nach der Weltwirtschaftskrise von 1929 geäußert hat. Damals war dieser Satz die Antwort auf die zeitgenössische klassische Wirtschaftstheorie, dem Markt einfach freien Lauf zu lassen. Schließlich würde er es schon alles regeln – dachte man zumindest.

92 Jahre später befinden wir uns wieder am Anfang einer Wirtschaftskrise, verursacht durch ein Virus, welches uns seit über einem Jahr im Griff hält. Nur würde der Satz jetzt lauten: „In the short run we are all dead“ – nicht nur durch das Virus, sondern vielmehr durch das Krisenmanagement – oder sollte ich besser sagen: das Missmanagement? – der Bundesregierung in Sachen Impfen, Lockdowns und Corona-Vorschriften.

Dieser Blumenstrauß voller Probleme und Schwierigkeiten, vor allem verursacht durch das Fehlen eines klaren Planes und einer klaren Politik, beherbergt jedoch vor allem auch für die Wirtschaft Probleme – gewaltige Probleme, wenn die Prognose des RKI-Instituts von über 100.000 Infektionen pro Tag wirklich eintreten sollte: Denn steigende Fallzahlen, Inzidenzen und ein erneuter Lockdown bedeuten neben dem geringeren Konsum und der Gefahr einer Deflation auch mehr Unsicherheiten für die Unternehmen und die Aktienkurse. Geringer Konsum der Menschen infolge eines Lockdowns bedeutet, dass die Geschäfte – sollten sie überhaupt geöffnet sein – mit weiteren Umsatzeinbrüchen rechnen müssen und das übrigens schon seit über einem Jahr. Infolgedessen werden die Unternehmen versuchen müssen, Kosten zu sparen, und zwar dort, wo unnötig Kosten verursacht werden. Der Arbeiter, der ohnehin nichts mehr zu tun hat, weil keiner etwas konsumiert, wird dementsprechend auch nicht gebraucht. Der gekündigte Arbeiter wird wahrscheinlich nicht sein ganzes Geld aus dem Fenster herauswerfen, vielmehr wird er sein Geld für sich und für seine Familie sparen. Folglich wird er also weniger konsumieren. An anderer Stelle fehlt also der Konsum und weitere Geschäfte müssen weitere Arbeiter entlassen. Wir befinden uns in einem Teufelskreis nach unten. Denn mehr Arbeitslose bedeuten gleichzeitig auch mehr Ausgaben für den Staat durch weniger Steuereinnahmen, dafür mehr Hartz-IV-Empfängern bei langfristiger Arbeitslosigkeit. Eine geringere Kaufkraft wiederum führt zu einer Deflation – die generelle Preisentwicklung geht zurück. Insgesamt wird sich diese Rezession mit steigenden Fallzahlen weiter hinziehen und wir haben das Tief noch lange nicht durchschritten: Im Herbst, in einem halben Jahr, sieht es vielleicht besser aus, die Geschäfte haben aber nicht für ein halbes Jahr Reserven! Schon jetzt sterben unsere mehr oder weniger schönen Innenstädte und Einkaufszentren aus; tausende Existenzen liegen am Boden in einem Scherbenhaufen.

Was also tun, um endlich den Geschäften zu helfen, sodass sie zumindest mit einem blauen Auge davonkommen – zwar angeschlagen, aber trotzdem lebend? Hier greift John Maynard Keynes wieder an, welcher in einer Wirtschaftskrise auffordert, den Konsum von staatlicher Seite anzuregen. Das Problem bei dieser Sache ist: Konsum bedeutet immer gleichzeitig, dass die Menschen in die Läden gehen und sich etwas kaufen. Das will man gerade vermeiden. Der Staat kann aber trotzdem eine Menge für die Geschäfte leisten: Konjunkturprogramme, mit denen den Geschäften geholfen wird, wenigstens die Zeit zu überbrücken, würden zwar zu einer höheren Staatsverschuldung führen, aber diese ist momentan nicht vorrangig: Höhere Arbeitslosigkeit und ein Aussterben des Einzelhandels führen ebenfalls indirekt zu einer höheren Staatsverschuldung.

Dennoch erweist sich ebenfalls ein weiteres Problem bei dieser soliden Lösung: Für viele Geschäfte und Restaurants kam das Überbrückungsgeld wegen der Pandemie aus dem letzten Jahr nicht an. Dies lag insbesondere an den bürokratischen Papierkram, welchen man erledigen musste, um an das Geld zu gelangen – genauso kompliziert, wie beim Impfen. Was jetzt also tun? Hier kommt ein zweiter Ökonom ins Spiel: Milton Friedman. Dieser ist mit geringen staatlichen Eingriffen in den Markt, Steuersenkungen und Deregulierungen eigentlich das genaue Gegenteil von den Ideen Keynes‘, letzteres jedoch würde uns jedoch weiterhelfen. Mit einem Abbau der Regulierungen könnten die Unternehmen leichter an das Geld der Konjunkturpakete gelangen. Damit könnten wir eine Überbrückungszeit für die Geschäfte schaffen, sich wenigstens bis zum Herbst halbwegs über Wasser zu halten. Bis dahin sollte die Impfkampagne ins Rollen kommen und die Infektionszahlen sich wieder legen. Aber wer weiß, was da noch alles noch (falsch) kommen könnte …