Schon seit über drei Monaten tobt der Krieg in der Ukraine. Ein völkerrechtlicher Angriffskrieg durch die russische Aggression und den Träumen einer sowjetischen Restauration. Es steht zweifelsohne außer Frage, wer für die Fortführung dieses Angriffskrieg mitverantwortlich ist. Die zaudernde deutsche Politik und die Bundesregierung.

Zugegebenermaßen sollte man sich nicht dem Oppositionsführer Friedrich Merz anschließen, welche eine reine Symbol-Opposition betreibt, welcher der Bundesregierung nur widerspricht, um ihr zu widersprechen, statt eine konstruktive Zusammenarbeit zu verfolgen. Und ja, die Lieferung von Waffen jeglicher Art ist eine historisch höchst sensible Gewissensfrage. Denn mit der Lieferung von Waffen in Kriegsgebieten wird ein vergangenes und folgenschweres Kapitel der deutschen Geschichte wieder aufgeschlagen, welches für viele höchst unangenehm erscheint, es zu lesen. Aber dieses Kapitel muss gelesen werden: Die Zeit des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945. Diese dunkle Zeit prägte die deutsche Nachkriegsordnung als auch die deutsche Mentalität. Aus den Nachwirkungen dieser Zeit entstand die deutsche Nachkriegsordnung, die deutsche Teilung, die 68er-Studentenbewegung, mit ihren (zurecht) aufgeworfenen Fragen, welche Rolle die Eltern und Großeltern eigentlich gehabt haben und das Motto „Nie wieder Krieg“.

„Von deutschem Boden soll nie wieder ein Krieg ausgehen.“

Das ist das zentrale Motto und einer der wichtigsten Lehren, die aus dem verbrecherischen Angriffsrkrieg durch Hitler und sein Regime hervorging. Und das wird Deutschen uns dieses Motto bis heute beherzigen und es immer wieder als Argument benutzt haben, etwa gegen den NATO-Doppelbeschluss, die Teilnahme an dem Krieg in Kosovo und an dem ebenfalls völkerrechtlichen Krieg im Irak 2003, ist ein gutes Zeichen. Denn das Motto als Argument gegen einen deutschen Kriegseinsatz zeigt, dass wir aus unserer Geschichte sehr wohl lernen können. Die jetzige Debatte zeigt, dass man sich der deutschen Geschichte bewusst ist und man bei jeglichen Thema, welche mit der Bundeswehr und mit Waffen zu tun hat, aus historischen Gründen höchst sensibel ist.

Dies ändert aber nicht an der Tatsache, dass wir es nicht mit einer deutschen Aggression zu tun haben. Es geht hier nicht um einen deutschen Angriffskrieg vor 80 Jahren. Es geht um einen russischen Angriffskrieg, der – streng genommen – vor acht Jahren angefangen hat. Es geht hier nicht um eine deutsche Aggression. Es geht umd eine russische Aggression. Und es geht nicht darum, dass wir für diesen Krieg verantwortlich wären, aber wir machen uns durch den Krieg verantwortlich, wenn wir nicht die Ukraine mit geeigneten Waffen ausrüsten. Auch hier können wir abermals von der Geschichte lernen, nämlich von der gescheiterten Appeasemen-Politik der Alliierten von 1933 bis 1939. Das zentrale Motto dieser Politik lautet wie folgt: „Wir geben Hitler noch ein Stück vom Kuchen, bis er endlich satt ist und Ruhe gibt.“ Mit dem Münchner Abkommen von 1938 überließ man Hitler das Sudetenland, vom Anschluss Österreich an das deutsche Gebiet mal ganz zu schweigen. Die Alliierten waren zu dieser Zeit kriegsmüde, immer noch traumatisiert von den blutigen Kämpfen des Ersten Weltkrieges. Mit dem Ende der Goldenen Zwanziger mit dem Finanzcrash von 1929 waren viele alliierte Staaten, wie die USA, Großbritannien und Frankreich wirtschaftlich in Bedrängnis. Die Folge: der Ruf nach Isolationismus, Populismus und auch das indirekte Gewähren Hitlers Politik. Wohin das alles hinführte, brauche ich nicht mehr zu erklären…

Im 21. Jahrhundert scheint es eine Müdigkeit vor einem erneuten Kalten Krieg zu geben. Die Konflikte im Nahen Osten, u.a. durch den „Krieg gegen den Terror“ haben den Westen kriegsmüde gemacht und den Blick auf Russland weggelenkt. Mit der Finanzkrise von 2008, der Staatsschuldenkrise im Euro-Währungsgebiet, der Flüchtlingskrise 2015 und der Corona-Pandemie erleben wir ein Erstarken von Nationalismus und Populismus. Dazu kommz noch die dringend benötigte Energiewende und die sicher zu stellende Versorgung Energieversorgung. All diese globalen Probleme haben dazu geführt, dass wir das russische Vorgehen unter Putin ignoriert haben bzw. für unsere eigenen Bedürfnisse seine Aggression ignoriert haben. Wie sonst soll man erklären, dass Merkel noch bis zu dem Ende ihrer Amtszeit an der russischen Pipelin „Nord Stream 2“ festgehalten hat? Ein fataler Fehler.

Die Appeasement-Politik im Umgang mir Russland ist gescheitert. Aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen hat also für den Westen doch nicht so ganz geklappt. Deutschland trägt also sehr wohl eine Mitschuld an diesen Krieg und wird diese auch weiterhin tragen, wenn man nicht sofort Waffen liefert, mit denen die ukrainischen Soldaten umgehen könnten. Und um das (nachvollziehbare) Argument vieler in dieser unruhigen Zeit des Krieges zu entkräften, schließe ich meinen Artikel mit einem Zitat von Ralf Fücks ab, welcher als Publizist mit anderen Künstlern aus Kunst, Schauspiel und Literatur einen Brief an den Bundeskanzler Olaf Scholz geschrieben hat, in dem er für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine plädiert hat:

„In kaum einem anderen Land haben Wehrmacht und SS so gewütet wie in der Ukraine. Wenn es eine historische Verantwortung aus ,`Nie wieder‘ gibt, dann haben wir sie heute gegenüber der Ukraine.“

Ralf Fücks