Wie so oft in diesen Tagen bzw. schon in den Monaten seit der Explosion der Corona-Fallzahlen in den USA, gilt Joe Biden für viele schon als sicherer Sieger der baldigen Wahlen und damit auch als der nächste Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika oder – je nach Blickwinkel – der „Gespaltenen Staaten von Amerika“. Dabei braucht er eigentlich nur gelassen in seinem sicheren Keller ein paar Interviews zu geben, in Wahlwerbespots aufzutauchen und ab und zu mal eine Rede vor einem fast nicht vorhandenem Publikum zu halten (aufgrund der Eindämmung der Infektionen), während Trump wie ein Verrückter von einem Bundesstaat zum nächsten fliegt und vor einem Publikum aus Tausenden von Trump-Anhängern redet, welche im Übrigen keinen Abstand halten und einige noch nicht einmal Masken tragen (aufgrund der von Trump bezweckten Dynamik seiner schreienden Fans, welche ihn mehr wie einen Gott, als einen „normalen“ Präsidenten verehren).

Und wie sehen die Früchte der erbrachten Arbeit im Wahlkampf aus?

Biden liegt in den bundesweiten Umfragen haushoch mit bis zu zwölf Prozentpunkten und auch konstant (ein Unterschied von vielen zur Wahl 2016) vor dem amtierenden US-Präsidenten. Seine Strategie geht auf.

Trump kämpft und brüllt wie ein Rottweiler, dass selbst die Mikrophone langsam überlastet sein sollten, trotzdem kann er in den bundesweiten Umfragen keinen Boden gut machen. In den einzelnen Bundesstaaten, v.a. in den wichtigen Staaten Ohio und Florida gelingt ihm das zumindest teilweise, wobei er neben diesen Staaten noch weitere „Swing States“ zum Sieg benötigen würde – und zwar alle. Seine Strategie geht nicht auf.

Trumps schwächelnde Umfragen liegen jedoch v.a. an seinem überaus zu kritisierenden Umgang mit dem Corona-Virus oder (wie er es nennt) „China-Virus“, womit er im Grunde seine gesamte Verantwortung auf andere abschiebt.

Wie dem auch sei, die Bundesregierung, die EU-Komission und die Börsenmakler an der Wall-Street setzen auf einen 46. Präsidenten Biden, einen ruhigen, diplomatischen und respektvollen 46. Präsidenten. Jedoch gibt es auch eine andere Seite des Joe Biden, eine viel schwächere und – bei genauerer Betrachtung – düstere Seite.

Nicht umsonst baut der amtierende Präsident in seinen Tweets oder Reden die Phrase „Sleepy Joe“ – „Schläfriger Joe“ ein, was seine geistige Fitness eigentlich genau auf dem Punkt bringt. Mit 77 Jahren momentan, 78 Jahren bei seiner hypothetischen Amtseinführung, wäre er der älteste Präsident überhaupt, würde somit Trump und Reagan (beides übrigens konservative Republikaner) überholen. Ob das jedoch ein so guter Rekord ist, scheint fragwürdig. Schließlich war er auch 47 Jahre im Senat und als Vize-Präsident tätig, kennt sich ergo mit dem Geschäft aus, und das birgt gleich zwei Tücken:

Zum einem ist er nicht mehr der Jüngste und wirkt auch zunehmend nach größeren Anstrengungen erschöpft. Eine ganze Reihe von Patzern und sachlichen Fehlern liefert er sich bei seinen langsamen, taktlosen und eigentlich nicht überzeugenden Reden. Das Folgende ist nur ein kleiner Ausschnitt davon, was ich meine:

  • Seine Reden bestehen meistens nur aus alten, aus der Schublade geholten, Phrasen.
  • Er gab an an, als Präsidentschaftskandidat für den Senat zu kandidieren
  • Ein anderes Mal betont er seine Erfahrung als Politiker – schließlich wurde er vor 180 Jahren zum ersten Mal als Senator gewählt.
  • Er fängt seine Rede energievoll an, bevor er dann seine Schwester mit seiner Frau verwechselt oder Trump mit dem früheren US-Präsidenten George W. Bush.
  • Seine rhetorische Schwäche hat sich auch in den zwei Debatten gezeigt, in denen er häufig den Faden verlor, stotterte oder Trump ihn erfolgreich z.T. aus der Bahn bringen konnte, so dass er selbst zu unkonventionellen Äußerungen griff, wie etwa, dass Trump „die Klappe halten“ solle.

Nun: Wenn John F. Kennedy in schwierigen Zeiten (heute beispielsweise die Covid-19-Pandemie – zu seiner Präsidentschaft 1961 die Kuba-Krise) die USA mit wenig Schlaf, viel Stress, einem hohen Blutdruck und unter einem enormen Druck führen musste, wie soll es dann Biden mit seinen (bald) 78 Jahren schaffen?

Selbst Obama soll intern gesagt haben, dass Biden kein guter Wahlkämpfer sei und einige, insbesondere das Lager der Republikaner um Trump, stellt sich auch die Frage, ob er überhaupt tauglich und fit genug für das Amt und dem, mit diesem verbundenen Stress, sei, geschweige denn, ob er nicht gar dement sei. Zumindest ist festzustellen, dass sein Vorhaben, für volle acht Jahre, also mit einer eingerechneten Wiederwahl, zu kandidieren, für sein Alter höchst unrealistisch ist, da er dann, am Ende seiner zweiten Amtszeit, bereits 86 Jahre alt wäre und schon jetzt im Wahlkampf zahlreiche sachliche Fehler äußert – möglicherweise Anzeichen einer beginnenden Demenz, auch wenn diese Mutmaßungen in keiner Weise bestätigt sind. Viel Dynamik ist da nicht; da wirkt Trump, trotz seiner 74 Jahre – also auch nur vier Jahre jünger als Biden – viel frischer und energischer. Zum anderem ist es gleichzeitig Fluch und Segen, dass Biden schon seit 47 Jahren Politiker ist: Er punktet zwar mit seiner großen Erfahrung und seinen Kenntnissen des „politischen Geschäfts“, letzteres ist aber auch seine (oftmals nicht beachtete) Schwachstelle, denn Washington ist nicht nur ein Ort, an dem Lösungen für die Menschen gesucht und ausgehandelt werden. Es ist auch ein schmutziger Ort voller Intrigen und Machenschaften, in denen meistens die Lobbyisten, also das große Geld, das Sagen haben. In diesem unbeachteten Geschäftsfeld der Politik, hatte Biden jahrzehntelang mitgespielt und sich hochgepokert, was von vielen jedoch nicht beachtet wird.

Dann ist er zwar nicht Trump, aber auch kein Franklin D. Roosevelt, Kennedy oder Obama, hat also eher kein großes Vorhaben, außer nicht wie Trump zu sein. Er steht mit einem Fuß sozusagen noch auf der Demokratischen Partei, mit dem anderen aber schon auf republikanischem Boden. Das zeigt sich auch in seinem Abstimmungsverhalten in fast 40 Jahren Senatskarriere: So stimmte er für ein Gesetz zur Bekämpfung der Kriminalität, dass Afroamerikaner für sehr viele Fälle verantwortlich machte, die Ausweitung der Todesstrafe oder auch für die Entsendung von Truppen in den Irak. Jedoch sind seine vorherigen Positionen auch eher mit Vorsicht zu genießen, denn trotz seiner relativ konservativen Sicht, hat er sich auch für eine Einschränkung des Waffenbesitzes oder auch für die Rechte von Frauen eingesetzt, was z.T. ein widersprüchlichen Eindruck hinterlässt. Dennoch wirkt er, wenn er darauf angesprochen wird, argumentativ nicht gerade sehr überzeugend, sondern eher langweilig. Es erzeugt fast den Eindruck, als sage er seine Entschuldigungen und Fehler nur, weil er sich gerade im Wahlkampf befindet. Dennoch scheint es zugleich auch so, dass auch er in seinem beträchtlichen Alter durchaus noch so Einiges neu dazu lernt: Er bindet zunehmend die Linken, unter Führung von seinem unterlegenden Kontrahenten, Bernie Sander, bei den Vorwahlen in seiner Partei ein, fordert beispielsweise eine Erhöhung des Mindestlohns auf 15 US-Dollar, ernannte eine afroamerikanische Frau als Running Mate, womit er zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt: nämlich eine Frau und jemanden mit unterschiedlichen Herkunftswurzeln (ihre Eltern stammen aus Jamaika und Indien) miteinzubinden. Zudem kann man ihm nicht gerade unterstellen, ein Rassist zu sein, nicht nach acht Jahren als oberster Berater Obamas, zu dem er in all den Jahren schon ein feundschaftliche Verhältnis aufbaute. Und: Er ist nicht Trump; für viele reicht dieses Argument schon, ihn zu wählen.

Des Weiteren hat er neben seiner politischen auch sehr emotionale Erfahrungen durchlebt und das mehrmals:

Sein Vater verlor, als er noch ein Kleinkind war, seine Anstellung in der Öl-Industrie und mussste sich als Autohändler durchschlagen. Als Biden frisch zum Senator von Delaware gewählt worden war verunglückte seine Frau und seine ein Jahre alte Tochter im Dezember 1972, seine zwei Söhne überlebten.

Sein älterer Sohn, Beau Biden, wiederum starb an einem Hirn-Tumor 2015 und sein anderer Sohn, Hunter Biden, hatte Drogen-Probleme und wurde daher unehrenhaft aus dem Militärdienst ausgeschlossen.

Dennoch: In seinem Auftreten bleibt er senil, langweilig, alt und erschöpft. In seinen Reden vergisst er viel und vertauscht so einige Sachen. Es ist fragwürdig, ob er überhaupt gesundheitlich für diese Herausforderung fähig ist, Präsident zu sein, mit dem dazugehörigen hohen Arbeitspensum und einem überwältigenden Druck von allen Seiten.

Aber eines steht schon mal fest: Gemessen an seinen Aktionen im Wahlkampf kann man auf das komplette Gegenteil des aggressiven und rücksichtslosen Donald Trump hoffen, also einen laschen, müden, lustlosen und energielosen Präsidenten, bei dem hinter seinem Rücken mit Anbeginn seiner Amtszeit getuschelt wird, ob er überhaupt in der Lage ist, vier Jahre, geschweige denn acht Jahre durchzuhalten und das Land zu einen. Gleichzeitig werden hinter ihm schon intrigante Machtkämpfe in der Demokratischen Partei stattfinden, die seine Nachfolge in vier Jahren, bei der Wahl 2024, möglicherweise sogar noch während seiner Amtszeit regeln sollen.

Also: Ist das die Veränderung, die wir uns am 3. November vorstellen und erhoffen?